Dass Campingurlaub nicht zwingend Zelten an der Müritz oder bei einem heimischen Open Air Event bedeutet, beweist der Russe Oleg Grigorjew. Genauer: Seine Bilder, die auf unzähligen Campingtrips entstanden sind. Sein kürzlich veröffentlichter Bildband zeigt neben geschundenen Füßen vor allem eines: Unbezahlbare Momente und grandiose Aussichten.
Bildband mit ungewöhnlichem Hauptmotiv
Das Konzept des Bildbandes „Morning Views From The Tent“ ist so einfach wie genial. Jedes einzelne Bild zeigt die Beine bzw. Füße des Fotografen, die er nach einer Nacht im Zelt ausstreckt. Dieses immer wiederkehrende Hauptmotiv rückt angesichts der grandiosen Kulisse vieler Bilder jedoch schnell in den Hintergrund. Aus dem Zelt heraus entführt der Fotograf die Betrachter in einzigartige, unberührte Bergwelten fernab jeglicher Zivilisation. Und zeigt mit seinen Fotos nicht nur die spektakulären Szenerien, die allmorgendlich den Atem stocken lassen. Die Bilder dokumentieren auch, dass diese überwältigende Schönheit gewissermaßen „verdient“ werden muss – indem man zum Teil heftige Strapazen auf sich nimmt, seine Füße schindet und mit schweren Bergstiefeln und so mancher Blase trotzdem immer weiter geht.
Die neue Coolness von Campingurlaub
Der Reiz dieser Bilder liegt vermutlich darin, dass sie einerseits professionell gestaltet und nachbearbeitet sind. Wundervolles Licht umschmeichelt die vor dem Zelt liegende Landschaft, betont markante Stellen und den mehrdimensionalen Bildaufbau. Dass die Bilder inszeniert sind, zeigt sich an Details wie Wanderstiefeln, Rucksack und Wanderstöcken, die kein Wanderer über Nacht vor dem Zelt (und schon gar nicht derart angeordnet) lassen würde. Andererseits wirken die Bilder trotz aller Perfektion und Inszenierung trotzdem authentisch und ganz nah dran am vielleicht größten Outdoor-Abenteuer des Lebens. Einfach indem der Fotograf stets dasselbe Hauptmotiv – seine Beine – wählt und das Zelt als Rahmen für die wundervolle, immer andere Landschaft nutzt. Wer bisher dachte, Campingurlaub sei ein bisschen spießig und altmodisch, wird mit diesem Bildband eines Besseren belehrt – noch nie war Camping so cool.
Lust auf Freiheit und Abenteuer
Vielleicht schafft es auch Oleg Grigorjew nicht, eingefleischte All-inclusive-Urlauber für Camping abseits aller touristischen Pfade zu begeistern. Eines aber vermag der Bildband durchaus: Er macht Lust auf Abenteuer und die große weite Welt, auf hohe Berge und klare Bergseen, auf tiefe Wälder und kühle Bergluft über schneebedeckten Gipfeln. Und verleitet dazu, Freiheit und Selbstbestimmung dort zu suchen, wo die Zivilisation noch nicht ihre Spuren hinterlassen hat. Zum Glück, möchte man sagen.
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