Mörderisch, so ein Campingurlaub. Mörderisch vor allem, wenn der Lesefreund nichts Packendes für seine Ruhepause in seinem Gepäck findet. Und wenn er dann auch noch dabei lachen kann, ist die Mußestunde gerettet. 24 Kurzkrimis sind in diesem Band von Renate Kölpin gesammelt – und (fast) alle mit einem kleinen oder großen Quentchen Humor ausgestattet.
Die durchaus korpulente Uschi führt in einem Krimi von Ralf Kramp leicht angemufft zu einem etwas außergewöhnlichen Zeltplatz. Das ist alles nicht so einfach mit dem Zelten… und vor allem nicht das Aufwachen. Immerhin drei verlorene Leben pflastern das Wake-up. ‚Uschi haucht mit brüchiger Stimme: Bring mich bitte weg von hier.‘
Verkrampften Schrittes und mit zusamengeknifften Hinterbacken stelzt Anneli über eine weitläufige Zeltwiese. Sie findet in dem Krimi von Jan Schröter anstelle des ‚erhofften Porzellanthrones ein gebrauchsspuren-umflortes Loch im Betonboden. Vive la France‘. Ehemann Achim verspricht ihr für heute Abend keine verdreckte Toilette, bevor die zwei sich zu einer Kanufahrt aufmachen. Doch Achim hat die Rechnung ohne seine hach-so-geliebte Anneli gemacht…
Tja, und was so eine sehr locker und leicht bekleidete Dame bei der Entscheidung zwischen Himmel und Hölle macht, hängt im Krimi von Regine Kölpin davon ab, wie sich ihr – ebenfalls inzwischen umgebrachter – Gegensacher festlegt. Und was zwei verfeindete Campingplatzbesitzer mit einem Selbstmörder machen, schildert treffsicher Bernd Stelter in seiner Kurzgeschichte.
Was Regine Kölpin in ihrem 312-Seiten-Taschenbuch so alles ausgegraben hat, reicht von Mord und Selbstmord im fröhlich-morbiden Campingmilieu bis hin zu feingerippten Mordabsichten. Hardcore-Wildcamper mit Schluckauf (Tatjana Kruse), Greetsieler Gerechtigkeit und muffige Gerüche (Peter Gerdes), stille Wasser und ein Massenmörder (Jennifer B. Wind), Loddar und nur die Harten kommen in‘ Garten (Cornelia Kunert) oder der Mann mit dem schwarzen Kajak und viele Geheimdienstler (Thomas Kastura) sind nix für hochsensible Leser: Auch Wanderfreunde und Camper haben ihre dunklen Seiten – und wenn es denn des Nachts mal scheppert, hilft nur Platz-Recherche und die unabänderliche Lust am Bösen.
Und auch das Watt ist gefährlich, meint Mamis Held (Klaus-Peter Wolf), der irgendwie im Priel mit einer Kinderschaufel den väterlichen Neu-Liebhaber seiner Mutter eingräbt. Überhaupt, der Sex: Sowas macht auch Campern Spaß – und wenn es nur ein mörderisches Vorgeplänkel ist, wie Christiane Franke in ihrer Story ‚Schillig statt Füssing‘ auf- und durchleben lässt. Da darf man nichts vergessen, falls die Polizei mal auftaucht. Auch nicht die Stöpsel für die Ohren und die Beruhigungstabletten… So ein Wohnmobil ist schon was günstiges.
Auch ein stattlicher Kühlschrank hat so seine guten Seiten. Da kann man vieles drin verstecken, vor allem sattsam bekannte Oberstaatsanwälte, die irgendwem nicht ganz geheuer sind, schreibt Guido M. Breuer. Und selbst die Oma entpuppt sich auf dem Campingplatz als wahre Teufelin (Anna Schneider).
Ein Buch, das die Unbill des Campens mit einem trockenen Humor vergessen lässt. Superlektüre für alle, die es im Urlaub und auch zu Hause mal ‚aufgebockt und abgemurkst‘ mögen – doch zur perfiden Nachahmung wohl nicht so ganz geeignet. Höchst lesenswert.
Regine Kölpin (Hg.)
Aufgebockt und abgemurkst
Kbv (Mai 2012)
ISBN-13: 978-3942446426
Fotoquelle: Thinkstock, 457269445, iStock, Photobos