Diese – zugegeben etwas sentimentale – Reisegeschichte schrieb Alexander für uns auf
Mit Wagenheber und Campingkocher hantieren – das klingt ja nicht gerade nach Urlaub in Italien. Doch manchmal bestimmen ganz nüchterne Tatsachen eben auch den Urlaub derart, dass man nicht umhin kommt, sich die Hände mal richtig schmutzig zu machen.
So passierte es meinem Zweier-Gespann knapp 100 Kilometer oberhalb von Rom. Unser historischer knallgelber VW Käfer fing an zu lahmen. Irgendein Nagel hatte sich in den linken Hinterreifen gebohrt und ließ fleißig Luft heraus. Also mussten wir immer wieder an der Tankstelle aufpumpen. Doch die Etappen wurden immer kürzer und die Sonne stand immer tiefer. Zeit, die Campingausrüstung auszupacken…
Rapid-Zelt für müde Camping-Krieger
Das Fünkchen Glück in diesem Pech war die wunderbare Landschaft um uns herum. Der Lago di Bolsena lag uns zu Füßen, wir waren in der Provinz Latium unweit der Toskana und Umbriens platt – im Wortsinn. Wo sollte nun das Problem sein: Ersatzreifen heraus und wechseln. Doch so einfach ging das eben nicht bei diesem uralten Käfer Baujahr 20. Jahrhundert. Die eigens für den Spezialwagenheber vorgesehene Schiene war derartig verrostet, dass sie sich unter dem Gewicht des aufgebockten Wagens einfach verbog. Folge davon war, dass der Reifen sich nicht im Mindesten vom Boden erhob.
Wir hatten längst einen der vielen Campingplätze der Region angesteuert und machten uns vor dem Abendessen – natürlich stilecht vom Gaskocher – ans die Reparatur. Irgendwie und mit Hilfe von Zeltnachbarn schafften wir jedenfalls den Radwechsel und kamen uns vor wie ein Formel 1-Team beim Boxenstopp, denn alles musste ob des rostigen Wagens sehr schnell gehen. Die Spaghetti Bolognese waren schnell gewickelt und gegessen. Anschließend gab es Melonenbowle in der ganzen Frucht mit einem großzügigen Schuss Hochprozentigem als Nachtisch für uns und unsere hilfsbereiten Nachbarn. Die staunten übrigens nicht schlecht, als wir dann zum Schlafen einfach unser kleines, aber trickreiches Zelt von Nordisk (das Modell gibt es übrigens heute noch, zum Beispiel bei diesem Anbieter von Campingausrüstung) entfalteten, kurz mit ein paar Heringen fixierten und fertig. Dazu ist es mit gut 3 Kilo angenehm leicht und ideal für jede spontane Bergtour, doppelwandig und somit auch regenfest. Ich kann es sehr empfehlen.
Sanfter Tourismus und junger Weißwein
Am nächsten Tag konnten wir ausgiebig im See baden, der eine hervorragende Wasserqualität hat und aufgrund der schwarzen vulkanischen Erde ungewöhnlich dunkel ist. Danach reizte uns der kleine nette Ort Montefiascone, der Sitz eines Bistums ist und tolle historische Bauten erhalten hat. Die gesamte Region um den See verfügt über ein wirklich gut ausgebautes Netz für sogenannten sanften Tourismus mit vielen Themenwanderwegen, Barfußpfaden, Tierbeobachtungsstationen und Hofläden diverser lokal erzeugter Lebensmittel wie Käse, Olivenöl, Bioobst und Gemüse. Wer Italienisch spricht, erhält informative und herzliche Informationen von den entspannten Betreibern. So schmeckt bella Italia am besten!
Übrigens ist die Region um den Bolsena-See eine berühmte Weinregion. Der Erzeugerverband „DOC“ Est Est Est hat ein Netz aus hunderten Winzern zur Vermarktung des traditionell kultivierten Weißweins erfolgreich übernommen – man kann ihn auch bei uns bekommen. Doch schon im Jahr 1111 hatte dieser vino bianco seine Liebhaber. Nach Quellenüberlieferung soll dem deutschen Johannes Fugger dieser Wein so gemundet haben, dass er der Legende nach seinen Diener auf Reisen von und nach Rom immer voraus schickte, um die besten Tropfen in den umliegenden Gasthöfen zu sichern. Noch heute schmeckt dieser trockene Weiße aus dreierlei Rebsorten unter Italiens Sonne hervorragend, am besten trinkt man ihn recht jung und kühl.
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